Wir gehen heute vom Tessinerdorf Carona hinauf zum San Salvatore. Eingangs Ciona leuchtet ein Tessiner Haus löwenzahnsonnenblumengelb, wie der Frühling, der jetzt grünt und blüht. Das Haus ist angeschrieben: «Osteria Ciona». Aber die Schrift verbleicht, die Fassade blättert. Das eiserne Tor ist zu, der Kasten für den Aushang leer.
Ich erinnere mich an einen Abend aus früheren Zeiten. Zum ersten Mal in meinem Leben durfte ich hier einen köstlichen Salat mit Zucchini, Rucola, Stangensellerie und Parmesanspänen geniessen.* Diese Erinnerung belebt mich. Was ist es denn, das mich glücklich stimmt? Wie kommt es, dass diese Erfahrung bis heute nachwirkt? Ich finde keine andere Erklärung als «Freundschaft». Ein Mensch, der zu sich in sein Haus bittet, in seinen Garten an seine Tessinersteintische, der seine Gerichte in seinem ganz eigenen Stil kreiert und serviert. Ein freundlicher, gastfreundlicher Ort, ein aufmerksamer Gastgeber, ein Künstler, der es verstand, diesen wohlschmeckenden Salat zu erschaffen. Und gewiss auch viele andere Gerichte, die anderen Menschen in Erinnerung bleiben und sie zu glücklichen Erinnerungen inspirieren.
Und jetzt ist die Türe zu diesem gastfreundlichen Haus und Garten zu. Dauerhaft geschlossen.
Schade! Schade für dieses gastfreundliche Haus, für die vielen, kleinen gastfreundlichen Häuser an so vielen kleinen Orten, die schliessen mussten. Wir halten beharrlich Ausschau nach eleganten Handschriften und Schildern, die uns mit «APERTO» zuwinken. Es gibt sie noch, die gastfreundlichen Orte und Menschen!
* Wenn es wieder frische Zucchini gibt, werde ich das Rezept auf meinephilo.ch aufschreiben. Versprochen.